Freitag, 2. November 2012

Neuerscheinung zu den Auswirkungen von Web 2.0 und Digitalisierung

In der edition unseld ist ein weiteres lesenswertes Buch zum Thema Web 2.0 (bzw. Digitalisierung) und dessen (bzw. deren) Auswirkungen erschienen: 

Mercedes Bunz: Die stille Revolution. Wie Algorithmen Wissen, Arbeit, Öffentlichkeit und Politik verändern, ohne dabei viel Lärm zu machen (Suhrkamp, edition unseld, 2012).

Inhaltlich schließt das Buch an mein Lamento über die Einseitigkeit des Diskurses zum Web 2.0 in Deutschland an, geht aber weit darüber hinaus, indem es versucht, der einseitigen Betonung der Gefahren in der deutschen Debatte auf den Grund zu gehen. Mittels knapper und sehr prägnanter historischer Analogien macht die Autorin das Unbehagen angesichts neuer disruptiver Technologien verständlich (Angst vor Maschinen) und führt den Leser an das zentrale Anliegen heran:
"Für die Gesellschaft ist es an der Zeit, die Digitalisierung nicht nur zu fürchten, sondern zu nutzen" (S. 82).
Genau das ist auch der Grundtenor meines Online-Lehrbuchs zum Web 2.0, und auch sonst finden sich zahlreiche Überschneidungen, die sich - so wäre zu wünschen - wechselseitig erhellen. Das trifft beispielweise gleich auf das erste Kapitel zu ("Als die Algorithmen schreiben lernten"), das - angelehnt an David Weinbergers hervorragendes Buch "Too Big to Know" - der Frage nachgeht, wie sich das Wissen selbst durch die Digitalisierung verändert (vgl. etwa den Abschnitt zu "Denken 2.0" im Online-Lehrbuch).

Auch die weiteren Kapitel - etwa zur digitalen Öffentlichkeit oder zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf weitere Bereiche der Gesellschaft - sind hervorragend gelungen und eine durch und durch anregende Lektüre:

Dienstag, 30. Oktober 2012

hr2 startet Funkkolleg "Wirklichkeit 2.0"

Kommenden Samstag (03.11.2012) startet der vielversprechende hr2 Funkkolleg Medien mit dem Thema "Wirklichkeit 2.0 - Medienkultur im digitalen Zeitalter". Ausgestrahlt werden die Sendungen auf hr2-kultur jeweils samstags um 11:30 Uhr und nochmals auf hr-iNFO jeweils sonntags um 8:30 Uhr. Den Podcast der Sendungen gibt es auf www.funkkolleg.de. Auf der begleitenden Website erhält man alle weiterführenden Informationen (z.B. zu den Themen und Sendungen) und kann sich für den offenen Online-Kurs anmelden.

Das Begleitbuch, ein klassischer Reader angelsächsischer Prägung, mit kurzen Texten zu den vielen Themen, die in den nächsten Wochen im Rahmen des Funkkollegs behandelt werden, ist bereits bei Reclam erschienen:


Heute abend findet im Haus am Dom in Frankfurt/Main die Auftaktveranstaltung statt mit dem Titel “Digitale Demokratie – Wie politisch ist das Internet?”. Es diskutieren Markus Beckedahl (netzpolitischer Aktivist aus Berlin und Begründer des Blogs netzpolitik.org, Autor von ”Die digitale Gesellschaft: Netzpolitik, Bürgerrechte und die Machtfrage”), Anke Domscheit-Berg (Mitbegründerin des Government 2.0 Netzwerks) und Prof. Dr. Claus Leggewie (Politologe und Autor von “Mut statt ‘Wut - Aufbruch in eine neue Demokratie” sowie “Unter Piraten - Erkundungen in einer neuen politischen Arena”).

   

Why Democracy Matters

In einem interessanten TEDx Talk im House of Parliament spricht der britische MP Rory Stewart über die Probleme der Demokratie und darüber, warum sie bedeutsam ist und wie sie wieder gestärkt werden könnte:


Sonntag, 21. Oktober 2012

Die Debatte um das Urheberrecht

Wer sich in vertretbarer Zeit einen ausgewogenen Überblick über die leider sehr hitzig geführte Debatte zum Urheberrecht verschaffen will, dem sei der hervorragende Aufsatz von Anne Lauber-Rönsberg in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte" (APuZ) empfohlen: "Raubkopierer und Content-Mafia: Die Debatte um das Urheberrecht". Ein kleiner Appetithappen:
"Die aktuelle Debatte dreht sich im Kern darum, wie umfangreich die Rechte der Urheber ausgestaltet sein müssen, damit das Urheberrecht seine Anreiz- und Belohnungsfunktion optimal erfüllen kann, und in welchem Ausmaß das Urheberrecht zugunsten der Nutzer eingeschränkt werden sollte. Dabei ist es sicherlich nicht zutreffend, dass ein besonders starkes Urheberrecht zwangsläufig zu mehr Kreativität und Innovation führt. Während ein zu starker Schutz neuem kreativem Schaffen im Wege steht und damit zu Innovationsblockaden führt, übt ein zu schwacher Schutz eine zu geringe Anreizfunktion aus. Die zentrale Frage ist also, wie im gesamtgesellschaftlichen Interesse ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Rechtsinhaber- und Nutzerinteressen erreicht wird."

Freitag, 28. September 2012

Clay Shirky zu Regieren 2.0

Wann immer ich in den letzten Jahren gefragt worden bin, welche Bücher ich zum Thema Web 2.0 empfehlen könne, habe ich geantwortet, dass ich Clay Shirky's "Here Comes Everybody" nach wie vor für das beste Buch zum Thema halte (auch sein folgendes Buch, "Cognitive Surplus", ist sehr lesenswert). Nun gibt es einen aktuellen TED Talk, in dem Shirky die Open Source Methode als Modell für Politik und Verwaltung ins Spiel bringt.

  

Samstag, 15. September 2012

Empfehlenswerter Sammelband zum Thema Datenschutz

Neben dem Urheberrecht zählt der Datenschutz zu den umstrittenen Themen, die immer größere Beachtung finden und den Kern dessen ausmachen, was man als "Netzpolitik" bezeichnet. Dankenswerterweise hat die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) nun einen umfassenden Sammelband zu diesem Thema veröffentlicht:

Jan-Hinrik Schmidt / Thilo Weichert (Hrsg.) (2012), Datenschutz. Grundlagen, Entwicklungen und Kontroversen, Bonn bpb (Online-Bestellung bei der bpb für 4,50 EUR).

Freitag, 7. September 2012

BpB startet Debatte zu politischer Bildung 2.0

Vor wenigen Tagen ist auf dem - an dieser Stelle schon häufig empfohlenen - #pb21-Blog ein Beitrag von Guido Brombach erschienen mit dem Titel: "Welche Kompetenzen braucht politische Bildung 2.0?", der kurze Zeit später auch als Gastbeitrag auf der Website der BpB veröffentlicht wurde, dort mit dem Ziel, eine Debatte zu eröffnen.

Im Kern geht es darum, dass zu den bisherigen inhaltlichen, methodisch-didaktischen und allgemein-pädagogischen Fertigkeiten, über die politische BildnerInnen (im Idealfall) verfügen (sollten), nun das hinzutreten muss, was man meistens als digital literacy oder Medienkompetenz bezeichnet. Dem ist ohne Zweifel zuzustimmen, auch wenn politische BildnerInnen (aus guten Gründen) häufig schon mit den bisherigen Kompetenzen und Anforderungen (auch ohne die digitale Komponente) überfordert waren.

Übrigens würde auch anderen BildnerInnen ein möglichst hohes Maß an digital literacy gut zu Gesicht stehen, warum also ist der Beitrag nicht überschrieben mit "Welche Kompetenzen braucht man, wenn man im Bildungsbereich arbeitet"? Was ist das für die politische Bildung spezifische? Brombachs Antwort lautet: Partizipation. Und hier setzt meine Kritik ein.

Seit einigen Jahren ist Partizipation das Modewort in der politischen Bildung. Brombach scheint davon auszugehen, dass politische Bildung nur dann erfolgreich ist, wenn am Schluss Partizipation praktiziert wird, also die Seminargruppe zumindest eine Online-Petition auf der Website des Bundestags einreicht oder ein anderes der durch die Digitalisierung und das Web 2.0 hinzugekommenen Instrumente nutzt.

Nun bin ich seit über zwei Jahrzehnten in der politischen Bildung tätig und habe mit fast jeder denkbaren Zielgruppe (Schülerinnen, Studenten, Lehrerinnen, Professoren, Ministerialbürokratie, Polizei, Armee, Journalisten, Bauernverbände etc.) gearbeitet, und das in vielen verschiedenen settings (Universität, Akademien, NGOs etc.). Lasse ich nun meine Erfahrungen Revue passieren, so komme ich zu dem ernüchternden Schluss, dass es in aller Regel gar nicht sinnvoll gewesen wäre, als Seminarergebnis eine gemeinsame Petition zu verfassen.

Nach Brombach waren meine Bemühungen um politische Bildung damit erfolglos, weil die entscheidende Komponente, Partizipation, fehlte. Oder ich habe einfach zu oft die falschen Themen behandelt, nämlich diejenigen, die sich nicht mit Partizipation krönen lassen. Und hier kommen wir zum Kern meiner Kritik:

Wenn Partizipation eine zu große Rolle spielt, dann werden bevorzugt Themen behandelt, die sich dafür eignen (oder für eine Partizipations-Illusion, aber das ist ein anderer Kritikpunkt). Das sind in der Regel nicht die komplexen und/oder globalen Themen, politische Bildung droht dann zu einer provinzialistischen civic education bzw. EDC (Education for Democratic Citizenship), zumindest aber einseitig zu werden.

Wenn die TeilnehmerInnen in meinen Seminaren am Schluss in der Lage waren, sich selbständig ein fundiertes Urteil über die behandelte Thematik zu bilden, war ich zufrieden. Ob sie sich darüber hinaus - wenn überhaupt die Möglichkeit bestand - in irgendeiner Form in den politischen Prozess eingebracht haben, habe ich gerne ihnen selbst überlassen, denn die Freiheit, sich nicht zu beteiligen, bildet eine große Errungenschaft der Demokratie, auch und gerade im Gegensatz zu totalitären Systemen.

Mittwoch, 22. August 2012

Web 2.0 in Deutschland - einseitige Debatte

Im agora-wissen Blog habe ich eine Besprechung des Buchs "Die Datenfresser" von Constanze Kurz und Frank Rieger zum Anlass genommen, um mich über die Einseitigkeit der Diskussion um Digitalisierung und Web 2.0 in Deutschland zu beklagen. Mein Lamento in Kurzform: Überall werden Ängste geschürt, die Chancen dagegen bleiben in der Regel ausgespart. Das gesamte Lamento gibt es hier...

Freitag, 3. August 2012

Web 2.0 in der politischen Bildungsarbeit nutzen


Die Bundeszentrale für politische Bildung veranstaltet zusammen mit dem DGB Bildungswerk, dem Europahaus Marienberg und dem ABC Bildungs-und Tagungszentrum vom 12.-17.08.2012 eine Fortbildung zum Thema "Web 2.0 in der politischen Bildungsarbeit nutzen" (Ort: DGB-Bildungswerk Hattingen, Tagungszentrum Hattingen, Am Homberg 44-50, 45529 Hattingen):
Facebook, Twitter, YouTube, Blogs, Livestream - Sammelbegriffe wie Web 2.0 oder Social Media sind in aller Munde. Wir müssen uns fragen: "Wie können wir diese neuen Möglichkeiten sinnvoll für die politische Bildungsarbeit nutzen?" Die Web 2.0-Werkzeuge können nicht nur Lernprozesse mit neuen Medien unterstützen, sondern darüber hinaus neue teilnehmerorientierte Lern- und Lehrformen ermöglichen.
Mehr Informationen und das vollständige Programm finden Sie hier...

Donnerstag, 19. Juli 2012

Petition "Stellt iGoogle nicht ein!"

Wer in den letzten Jahren an unseren Kursen zu professioneller Internetrecherche und webbasiertem Wissensmanagement teilgenommen hat (und das waren viele hundert Professoren, Dozenten, Lehrerinnen, Studierende, Journalisten etc.), der hat Googles personalisierte Startseite iGoogle kennen und (hoffentlich) schätzen gelernt. Wir haben die speziell auf Wissensarbeiter zugeschnittene Startseite "Webbüro" genannt, und die Tatsache, dass man nun alles zentral an einer Stelle beisammen hat, wurde in den Evaluationen zu den Seminaren durchgängig als besonders wertvoll erachtet.

Nun hat Google am 3. Juli 2012 bekannt gegeben, die personalisierte Startseite iGoogle zum November 2013 einstellen zu wollen. Das wäre in der Tat ein großer Verlust für uns und all die Absolventen unserer Kurse. Dass es nicht nur uns so geht, zeigen die Reaktionen im Web. So gibt es beispielsweise bei ipetitions.com eine Petition "Stellt iGoogle nicht ein!", die ich gestern mitgezeichnet habe. Wenn Sie auch mit iGoogle arbeiten, dann nehmen Sie sich zwei Minuten Zeit und unterschreiben Sie diese Petition...

Montag, 16. Juli 2012

TAB: Internet und Politik

Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) hat im TAB-Brief Nr. 39 (August 2011) einen ebenso komprimierten wie kompetenten Kurzüberblick über die Hoffnungen und Befürchtungen rund um Cyberdemokratie (bzw. digitale Demokratie bzw. E-Demokratie etc.) mit dem Titel "Die neuen Kleider der Demokratie - Internet und Politik" veröffentlicht.

Untersucht werden die Hoffnungen und Befürchtungen entlang von vier Dimensionen des Zusammenspiels von Computern und Politik/Demokratie: Information (Transparenz), Kommunikation, Konsultation (Partizipation) und Wahlen (Abstimmungen). Es zeigt sich, dass die jeweiligen Argumente seit rund 50 (!) Jahren die gleichen geblieben sind, die Debatte also keinen Zyklen unterworfen ist. Das Fazit des Autors Ulrich Riehm:
"Das Internet macht ein unvorstellbares Ausmaß an politisch relevanter Information sowie vielfältige Kommunikations- und Beteiligungsmöglichkeiten in demokratischen Prozessen verfügbar. Mehr Transparenz und Offenheit des politischen Systems, Nutzungsmöglichkeiten unabhängig vom sozialen Status sowie von Ort und Zeit sind weitere typische Hoffnungen, die seit Beginn der Debatte um die Cyberdemokratie artikuliert wurden. Die Debatte wurde aber auch von Befürchtungen geprägt, zu denen u.a. gehören: die Gefahr der Manipulation, Zensur und Überwachung, der sozialen Selektivität der Nutzung, der informatorischen Überforderung der Nutzer durch Ausschaltung vermittelnder, qualitätssichernder Instanzen und die Beförderung populistischer Politikansätze" (S. 13).

Sonntag, 15. Juli 2012

UN Declaration on Human Rights Education and Training, Art. 6

Im Dezember 2011 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen die "United Nations Declaration on Human Rights Education and Training" verabschiedet. Für diejenigen, die wie wir alleine (siehe z.B. www.dadalos.org) oder zusammen mit anderen (siehe z.B. www.dare-network.eu) seit Jahren HRE (= Human Rights Education) betreiben, stellt die Erklärung ein zentrales Referenzdokument dar. Im Kontext dieses Blogs ist v.a. der Artikel 6 einschlägig:
"Human rights education and training should capitalize on and make use of new information and communication technologies, as well as the media, to promote all human rights and fundamental freedoms."
Die gesamte Erklärung finden Sie hier, mehr Informationen zu den Vereinten Nationen bietet deren Website sowie unser Online-Lehrbuch auf D@dalos...

Honneth über Erziehung und Demokratie

Durch den Beitrag "Autoritätshörigkeit und moralischer Konformismus" von Gabi Reinmann bin ich auf die Eröffnungsrede von Axel Honneth beim 23. DGfE-Kongress (12. März 2012) aufmerksam geworden. Die unter einer CC-Lizenz in der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft erschienene Rede ist überschrieben mit: "Erziehung und demokratische Öffentlichkeit. Ein vernachlässigtes Kapitel der politischen Philosophie".

Ausgehend von Kant erinnert Honneth an den - etwas in Vergessenheit geratenen - unauflöslichen Zusammenhang von demokratischem Staat und Erziehung (zur Demokratie) bzw. von Regierungs- und Erziehungskunst. Beide
"...müssen uns durch geschickte Wahl der Mittel und Methoden, eben durch eine Art von 'Kunst', darin unterrichten können, wie das eine Mal ein Volk von Untertanen, das andere Mal ein seiner Natur noch unterworfenes Kind aus dem Zustand der Unmündigkeit in den der Freiheit zu versetzen sei."
Beide bedingen sich wechselseitig, weil nach wie vor "keine Demokraten vom Himmel fallen", wie der Mitbegründer von Politikwissenschaft und politischer Bildung (damals übrigens auch noch eng miteinander verbunden) im Nachkriegsdeutschland, Theodor Eschenburg, immer wieder betonte.

Demokratie ist eine äußerst voraussetzungsvolle Lebens-, Gesellschafts- und Herrschaftsform (so der Titel eines einflussreichen Buches von Gerhard Himmelmann) - ein Umstand, der von den politischen Bildnern in Deutschland angesichts drohender Budgetkürzungen zurecht hervorgehoben wird (vgl. neben vielen anderen den Sammelband "Demokratie braucht politische Bildung" sowie die gleichnamige Website).

Doch zurück zu Honneth: Er widmet den ersten Teil seiner Rede den Gründen "für die inzwischen eingetretene Entkoppelung von Pädagogik und politischer Philosophie":
"...sie liegen ... in einem fatalen, 'wahlverwandtschaftlich' zu nennenden Zusammenschluss von problematischen Auffassungen über die kulturellen Voraussetzungen der Demokratie und einem falsch verstandenen Neutralitätsgebot des Staates."
Im zweiten Teil vertieft er seine Ausführungen zum "Zusammenhang von Erziehung und politischer Freiheit, von Bildung und Demokratie". Beide Teile sind ausgesprochen lesenswert und anregend. Der (gezwungenermaßen) sehr kurz geratene dritte Teil wartet mit einer Überraschung auf: Honneth nennt zwei zentrale Herausforderungen für ein "erneuertes Programm der demokratischen Erziehung", nämlich Multikulturalismus und die (im hiesigen Zusammenhang von Web 2.0 und politischer Bildung zentrale) digitale Revolution:
"Für jeden aufmerksamen Zeitgenossen dürfte gegenwärtig außer Frage stehen, dass die digitale Revolution der Kommunikationsverhältnisse nicht nur die Formen der Anbahnung und Aufrechterhaltung privater Beziehungen, sondern auch die Wege der politischen Meinungsbildung nachhaltig verändern wird; mit dem Internet, das den Einzelnen in die Lage zugleich einer Enträumlichung und Beschleunigung seiner Interaktionen versetzt, entstehen heute mit wachsendem Tempo eine Vielzahl von Netzöffentlichkeiten, deren Außengrenzen und Themen im ständigen Fluss begriffen sind. Es ist gewiss die Aufgabe des schulischen Unterrichts, die Schüler auf den Gebrauch dieses neuen Mediums technisch und sozial vorzubereiten..."
Es bleibt zu hoffen, dass die etablierte Politikdidaktik diesen Weckruf hört. Die bisherige Bilanz sieht eher ernüchternd aus, wie ich in diesem Blog schon mehrfach angemerkt habe (z.B. "Politikdidaktik in Deutschland und das Web 2.0"). Was man der politischen Bildung allerdings nicht vorwerfen kann, ist genau das, was Honneth der politischen Philosophie ankreidet, nämlich den zwingenden Zusammenhang von Demokratie und Erziehung (zu deren Regenerierung) zu vernachlässigen, denn genau darum dreht(e) sich die interessanteste Debatte innerhalb des Fachbereichs, die übrigens auch von erziehungswissenschaftlicher Seite ausging (BLK-Programm "Demokratie lernen & leben"). Eine kurze Darstellung dieser Debatte findet sich hier...

Donnerstag, 15. März 2012

Wikipedia verstehen


Seit heute ergänzt eine umfangreiche Einführung in die Online-Enzyklopädie Wikipedia ("Wikipedia verstehen") das Kapitel Lernen 2.0 im Online-Lehrbuch zum Web 2.0. Nach wie vor ist Wikipedia an vielen Schulen und Hochschulen zumindest verpönt, häufig sogar verboten. In diesem Abschnitt versuchen wir, die Informationen zusammenzustellen, die für das Verständnis dieses faszinierenden Projekts unerlässlich sind, um abschließend zu argumentieren, warum Wikipedia in Schule und Hochschule nicht nur eingesetzt werden kann, sondern sogar verwendet werden sollte (siehe Fazit). Der Abschnitt gliedert sich in die folgenden neun Kapitel:

1. Wie ist Wikipedia entstanden?
2. Grundprinzipien von Wikipedia
3. Weitere Regeln in der Welt der "freien Enzyklopädie"
4. Erfolgsfaktoren und Wikipedianer
5. Motivation der AutorInnen
6. Wie schreibe ich einen Artikel?
7. Wie finanziert sich Wikipedia?
8. Weitere Projekte der Wikimedia Foundation
9. Fazit: Ist Wikipedia eine zuverlässige Quelle?

[Foto: iStockphoto.com 16206307]

Dienstag, 21. Februar 2012

APuZ: Digitale Demokratie

Literatur zum Thema Politik 2.0 ist rar. Umso schöner, dass sich die aktuelle Ausgabe der Wochenzeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte" (APuZ 7/2012) der Thematik annimmt. Unter dem Titel "Digitale Demokratie" sind folgende Aufsätze zu finden:

Jan-Hinrik Schmidt: Das demokratische Netz?

Christian Stöcker: Governance des digitalen Raumes

Daniel Roleff: Digitale Politik und Partizipation: Möglichkeiten und Grenzen

Karl-Rudolf Korte: Beschleunigte Demokratie: Entscheidungsstress als Regelfall

Christoph Bieber: Die Piratenpartei als neue Akteurin im Parteiensystem

Miriam Meckel: Menschen und Maschinen

Die gesamte Ausgabe als pdf-Datei gibt es hier...

Freitag, 27. Januar 2012

Politikdidaktik in Deutschland und das Web 2.0

Das Ritual ist bekannt: Jährlich bricht sich die geballte Kompetenz der deutschen Politikdidaktik Bahn in einem bei der Bundeszentrale für politische Bildung erhältlichen Sammelband. In diesem Jahr war es schon im Januar soweit und gestern habe ich den Band "Politisch Handeln" erhalten.

Man fasst es nicht: Im Jahr 2012 befassen sich sage und schreibe 5 von 352 Seiten mit dem Thema Web 2.0 (1,42%). Das reicht nicht einmal, um als Feigenblatt gelten zu können. Und übrigens: Diese 5 Seiten hat ein 19-jähriger Schüler geschrieben. Wenn das keiner Bankrotterklärung für die etablierte Politikdidaktik gleichkommt...

Mit der gleichen Lieferung habe ich übrigens auch den Sammelband "Politische Bildung in der Weltgesellschaft" bekommen - und was soll ich sagen: Internet und Web 2.0 spielen so gut wie keine Rolle. In einem "Fallbeispiel" werden unter dem Titel "Globalisierung durch die Informationstechnologie" auf 3 Seiten im Sinne eines Glossars (Fallbeispiel!?) folgende Begriffe mit jeweils zwei Sätzen erklärt: Internet, Wikipedia, Enzyklopädie, YouTube, Frei zugängliche Software, Weisheit der Massen? und Digitale Kluft. Es handelt sich also um einen völlig sinnentleerten Einschub.

Kein Wort davon, dass es mit dem Web 2.0 nun tatsächlich problemlos möglich ist, das einzulösen, was das Konzept "Globales Lernen" seit Jahrzehnten fordert. Kein Wort von "Personal Learning Networks", wie sie etwa Will Richardson in seinem jüngsten Buch empfiehlt.

Quizfrage: Gibt es im "Handbuch Medien in der politischen Bildung" der BpB aus dem Jahr 2010 einen Eintrag zum Stichwort "Web 2.0"?

Donnerstag, 5. Januar 2012

BpB: Web 2.0 und politische Bildung

Die Zeichen mehren sich, dass die etablierten Institutionen der politischen Bildung im Web 2.0-Zeitalter angekommen sind. Das jüngste Beispiel: Die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) hat ein Dossier zum Thema veröffentlicht.

Unter dem Titel "Web 2.0 in der Bildungsarbeit" beschäftigt sich das Dossier u.a. mit "Partizipation im und mit dem Social Web" oder dem Anwendungsbeispiel "Weblogs als Seminar-Plattform". Zurecht wird in dem neuen Dossier auf den interessanten Blog #pb21 hingewiesen, den wir an dieser Stelle bereits mehrfach empfohlen haben.

Wenn aber unter "Links und Materialien" ausschließlich Postings dieses Blogs (der von der BpB selbst - zusammen mit dem DGB-Bildungswerk - betrieben wird) erscheinen, so zeigt sich doch, dass man etwas stark im eigenen Saft schmort.